Skip to content

Bundestagung
Bauernhofkindergarten 2023

2023 – es ist soweit. Die BAGLoB bietet dieses Jahr mit einem vielfältigen Programm wieder eine Bundestagung für die Bauernhofkindergärten an.

Das Interesse an Bauernhofkindergärten wächst mit dem Zuspruch, den die inzwischen über 80 realisierten Einrichtungen in Deutschland erfahren. Jedes Jahr kommen neue Kindergärten auf Bauernhöfen dazu. Doch jede (neue) Initiative steht auch vor großen Herausforderungen bei der Gründung, Umsetzung der Konzeption, Personalausstattung, Finanzierung und der Teamarbeit. 

Beim Miteinander von Kindergarten und Bauernhof hängt der Erfolg in hohem Maße davon ab, wie die unterschiedlichen Erwartungen und Lebenswelten in Einklang gebracht werden und wie die Kooperation zwischen Kindergarten und landwirtschaftlichem Betrieb gestaltet wird.

Diese Tagung wendet sich mit Informationen, Workshops, Büchertischen und der Möglichkeit zum Austausch an interessierte Landwirt:innen, Erzieher:innen sowie Vertreter:innen von Trägern und Behörden.

Anmeldung zur Bundestagung Bauernhofkindergarten

Dokumentation

Ein Blick zurück und viele Ideen für die Zukunft auf der Bundestagung 2023 in Bielefeld

200 Teilnehmende kamen auf der Suche nach Information und Inspiration zum Lernen auf dem Bauernhof vom 17.-19. März 2023 in die Tagungsstätte „Haus Neuland“ in Bielefeld-Sennestadt. Im Rahmen der traditionellen Bundestagung der BAGLoB (Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof e.V.) wurde auch das 20-jährige Jubiläum des gemeinnützigen Vereins gefeiert.

Das Tagungs-Programm ermöglichte schon am Freitagnachmittag eine Exkursion auf dem Vauß-Hof in Salzkotten. Themen wie Bodenfruchtbarkeit, Agroforst und Marktgarten wurden dort vom Team um Anja Pötting pädagogisch aufbereitet.

Am Abend konnte Vereinsvorsitzender Hans-Joachim Meyer zum Felde zur Eröffnung der Tagung Frau Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen begrüßen. Sie lobte die Innovation und Kreativität, die von der Bewegung ausgehe und betonte: „Den Lernort Bauernhof in der Bildungslandschaft zu verankern, ist Anliegen unseres Hauses.“ Sie verwies auf die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft mit dem Fazit: „Unsere Landwirtschaft wird sich auch zukünftig verändern“ und sah den Lernort Bauernhof in der wichtigen Funktion als „Vermittler von Begegnungen“.

Frau Dr. Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft nahm diesen Faden auf mit den Worten: „Wir wollen es ja noch besser machen und entwickeln“. Dazu müsse die Gesellschaft mitmachen und das unmittelbare Erleben am Lernort Bauernhof sei die große Chance zu einer besseren Wertschätzung. Zur Förderung der Tagung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sagte Frau Dr. Nick, mit dem Lernort Bauernhof würde eine Initiative gefördert, die über die Jahre als Bewegung gewachsen sei und dankte der BAGLoB für ihre kontinuierliche Arbeit.

Vielseitige Workshops als Herz der Tagung

Tipps und Ideen für die praktische Umsetzung mit Gruppen sind traditionell das Herz der Tagung. Vom Käse-machen oder Filzen über Escape-Games bis hin zu diskriminierungsarmer Jugendarbeit auf dem Bauernhof reichten die Themen der Workshops. Der Schulbauernhof Ummeln lud zur Exkursion ein. Barbara Bielefeld vom Bildungspartner NRW war gekommen, um mit Claudia Belke vom Hof Belke in Attendorn Kooperationen zwischen Schulen und der Landwirtschaft beispielhaft vorzustellen. Wie der Lernort Bauernhof die Vielfalt fördert, stellten Hubert Koll und Sibylle Drenker-Seredszus vom „Stadt und Land e.V. in NRW“ dar. Beobachten, lauschen und wahrnehmen waren die ersten Aufgaben der Teilnehmenden. 
(Hierzu Bild im Anhang! Bildunterschrift: Um Biodiversität und Vielfalt zu verstehen ist der erste Schritt zu lauschen, zu beobachten und wahrzunehmen, was da ist.)

Jubiläum-Zeitreise durch 20 Jahre BAGLoB

Zum Rückblick auf 20 Jahre BAGLoB lud Vorstandsmitglied Dr. Malte Bickel langjährige Vereinsmitglieder und -Begleiter*innen zu einer kurzen Geschichtensammlung ein. Hans-Heiner Heuser, der die Bewegung in der Landjugendakademie Altenkirchen begründete, schwärmte von unzähligen Treffen am symbolhaften Ofen des Impulsgebers, dem Schulbauernhof Ummeln. Der seinerzeit erste Vorsitzende Holger Schenke berichtete von den strategischen Überlegungen, die 2003 zur Vereinsgründung führten. Bereits seit 2001 ist der Lernort Bauernhof auch Inhalt wissenschaftlicher Arbeiten. Dr. Johanna Schockemöhle, die die BAGLoB-Wissenschaftsinitiative ins Leben rief, betonte „Theorie und Praxis zu verbinden, war uns immer wichtig“ und aus der Praxis gingen Fragen zurück in die Wissenschaft. Annette Müller-Clemm, Leiterin der Geschäftsstelle, beschrieb, wie 2007 zum ersten Messeauftritt der BAGLoB die große Windfege aus dem beschaulichen Pfitzingen nach Berlin reiste. Anne-Marie Muhs ließ die Teilnehmenden an der rasanten Entwicklung der Bauernhofkindergärten teilhaben, die mit der Genossenschaft Kita NATURA noch beschleunigt werden konnte. Dr. Ulrich Hampl, der lange Jahre die Vorstandsarbeit mitgestaltete, äußerte sich nach wie vor überzeugt: „In der Landwirtschaft kann man lernen, wie das Leben funktioniert“. Hans-Joachim Meyer zum Felde, der seit 2005 als erster Vereinsvorsitzender die Arbeit der BAGLoB maßgeblich vorantreibt, wünscht sich für die Zukunft ein Wiederaufleben der internationalen Kontakte zum Lernen auf dem Bauernhof und auch, dass gute Arbeit nicht nur gelobt, sondern auch honoriert wird.

Am Tagungs-Sonntag blicken wir über den Tellerrand

Der Sonntagmorgen bot den Blick über den Tellerrand. Frau Dr. Antje Brock vom Institut Futur der Freien Universität Berlin referierte über die Rolle von Emotionen und Werten im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung und stellte dabei relevante Forschungsergebnisse vor.

In Biologiebüchern seien Themen der Nachhaltigkeit, wie beispielsweise die Biodiversität kaum thematisiert und 64 % der Lehramtsstudierenden in Deutschland habe keine Vorstellung davon, was Bildung für eine nachhaltige Entwicklung bedeute. Antje Brock appellierte, die Lehrinhalte aufzuräumen, damit die Nachhaltigkeitsziele überhaupt erreicht werden können. Es sei wichtig, beim Lernen und Lehren die emotionale Dimension im Blick zu haben. Empathie, Staunen und Wundern, sich eingebettet fühlen in das große Ganze und Handlungsperspektiven zu erfahren, seien wichtige Bausteine zum Lernen, die der Lernort Bauernhof bereithalten könne. Mit dem Gefühl von Verbundenheit könne auch die Demokratie gestärkt werden. „Mit Wow-Effekten wird man demütiger und toleranter anderen Meinungen gegenüber.“

Petra Bentkämper, Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbands e.V. unterstrich im Abschlussvortrag: „Bauernhöfe sind die Lernorte für Demokratie!“ Sie ermutigte Landwirtinnen und Bauernhofpädagoginnen, sich für eine angemessene finanzielle Absicherung und Wertschätzung ihrer Arbeit einzusetzen, anstatt zurückhaltend abzuwarten. Frau Bentkämper fordert Veränderungen im Rollenverständnis von Männern und Frauen auf den Höfen, denn sie seien die Vorbilder für die Töchter und Söhne auf dem Land.

Die stellvertretende Vereinsvorsitzende Heike Delling moderierte den lebendigen Austausch zwischen den Referentinnen und Teilnehmenden. Dabei zeigte sich die Brisanz der Themen Qualifizierung und Finanzierung der pädagogischen Arbeit auf dem Bauernhof, die in allen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt und angeboten werden.

Eindeutig waren die Forderungen der Aktiven aus der Teilnehmerschaft, die gleichzeitig als Angebote an Verantwortliche im Bildungsbereich zu verstehen sind: Der Lernort Bauernhof gehört in die Lehramtsausbildung und eine vermehrte Zusammenarbeit mit Universitäten sei dazu erforderlich. Eine Teilnehmerin fasste es so zusammen: „Die Bewegung Lernort Bauernhof könnte eine Antwort auf den Lehrer* innen-Mangel an den Schulen sein. Dafür braucht es mehr finanzielle Förderung für die Bildungsarbeit und eine bessere Bezahlung.“

Weiter Informationen sind zu finden unter www.baglob.de

Text: Annette Müller-Clemm
Bild: Hubert Koll, Stadt und Land e.V. in NRW